Hanau (energate) - Das Kohlekraftwerk Staudinger hat in der Vergangenheit für günstige Wärmelieferungen gesorgt. Die Stadtwerke Hanau arbeiten seit Jahren an einer Ersatzlösung. Geschäftsführerin Martina Butz berichtete im Interview über Projektfortschritte und eine mögliche Nachbarschaftshilfe für Großkrotzenburg.
energate: Frau Butz, Hanau ist eine der Städte, die einen Ersatz für die Wärmelieferungen aus dem Kohlekraftwerk Staudinger planen mussten. Wie weit sind Sie mit Ihrem Kraftwerksprojekt gemeinsam mit dem Kooperationspartner, der Frankfurter Mainova?
Butz: Wir sind frühzeitig in die Planungen für unsere Nachfolgelösung eingestiegen, sodass wir Anfang dieses Jahres unser Gemeinschaftskraftwerk Hanau in Betrieb nehmen können. Bis dahin stehen unsere eigenen Heizkesselanlagen zur Verfügung, welche wir ebenfalls für die Belieferung der Zukunft auf den neuesten Stand bekommen haben. Diese Heizkessel aus Hanau-Wolfgang beliefern unsere Fernwärmekunden nun schon seit der Beendigung der Belieferung aus dem Kraftwerk Staudinger, seit dem 1. April 2024 ausschließlich.
energate: Werden die Kunden den Ersatz der kostengünstigen Kohlewärme finanziell zu spüren bekommen, wie und bis wann planen Sie die Dekarbonisierung der Fernwärme?
Butz: Durch die rein erdgasbasierte Versorgung ab April vergangenen Jahres konnten wir die Preise der Hanauer Kunden senken. Dies liegt insbesondere an der nun planbaren Erdgasbeschaffung. Bereits in der Vergangenheit erhielten wir nicht ausschließlich Wärme aus dem Kohleblock 5, sondern haben zeitweise die Versorgung mit unseren eigenen Heizkesseln übernommen. Dies ist auch der Unterschied zu der Nachbargemeinde Großkrotzenburg, die 100 Prozent ihrer Wärme aus Anlagen der Uniper erhalten hat.
Die Dekarbonisierung soll über die Abwärmenutzung von Rechenzentren erfolgen. Unsere konkreten Planungen sehen die Beschlussfassung im Laufe des Jahres vor und der Bau soll umgehend vorangetrieben werden. Leider sind wir aufgrund der gestoppten Förderkulisse und des Aus der Ampel gebremst worden. Die Umsetzung unseres technischen Konzepts bringt aber sehr viele Vorteile für die Kunden. Da wir mit den Blockheizkraftwerken Strom erzeugen und für den Betrieb der Wärmepumpe Strom benötigen, können wir die Anlagen je nach Strompreis gewinnbringend für unsere Wärmekunden betreiben. Die Photovoltaik-Freiflächenanlage, welche wir mit unserem Kooperationspartner AHS betreiben, spielt in diesem Erzeugungspark auch eine wichtige Rolle.
energate: Ihre Nachbargemeinde Großkrotzenburg löst mit ihrem Weg größere Preissteigerungen aus - zumindest für das kommende Jahr 2025. Die Stimmung der Bürgerinnen und Bürger scheint zu kippen, wie kürzlich eine Informationsveranstaltung zeigte, bei der Sie auch zugegen waren. Können die Stadtwerke Hanau hier weiterhelfen?
Butz: Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Zusammenarbeit für beide Seiten spürbare Vorteile bringen wird. Unsere Blockheizkraftwerke gehen im Frühjahr in Betrieb und wir erzeugen bereits heute mittels Heizkraftwerken Wärme. Ebenso nehmen wir Anfang nächsten Jahres unsere Freiflächenanlage mit fast 10 MW Leistung in Betrieb. Zur Dekarbonisierung haben wir Zugriff auf Abwärme aus Rechenzentren in Hanau. Hier hätten wir einfache und unkomplizierte Möglichkeiten, auch Großkrotzenburg zu beliefern. Zumal die Leitungen Richtung Großkrotzenburg bereits verlegt sind und wir diese in der jüngsten Vergangenheit auch zur Versorgung der Kunden aus Großkrotzenburg genutzt hatten.
Ich bin einer der "energate-Urgesteine" und arbeite seit über 20 Jahren als Redakteurin am Standort Essen. Inzwischen verantworte ich das Ressort Gas & Wärme und bin auch in der Redaktionsleitung vertreten.