Berlin (energate) - Unter "Klüngel" wird laut Duden eine "Gruppe von Personen, die sich gegenseitig Vorteile verschaffen" verstanden. Die bekanntesten Auswüchse dieser Praxis sind bisher aus Köln bekannt, wo einst durch viel Mauschelei eine Müllverbrennungsanlage entstand, die viel zu groß ist für die Stadt war. Doch die Klüngelei hat offenbar auch im grün-geführten Bundeswirtschaftsministerium Einzug gehalten. Seit Monaten steht Energiestaatssekretär Patrick Graichen in der Kritik, weil er mit weiteren Führungskräften im Haus familiär verbunden ist, enge Verwandte zudem in Organisationen arbeiten, die dem Ministerium regelmäßig mit Studien zuarbeiten. Er selbst beruft sich darauf, dass er dies alles klar kommuniziert habe und nicht über mögliche Aufträge entscheide, die an besagte Institutionen gehen.
Mehr als verwunderlich ist aber dann, warum Graichen sich direkt ins Besetzungsverfahren um die Dena-Geschäftsführung einmischte, aus dem sein Trauzeuge, Michael Schäfer, als Sieger hervorging. Schäfer, der zuletzt bei der Agora Energiewende arbeitete, die Graichen vor seinem eigenen Ministeriumswechsel geleitet hat. Noch weniger verständlich ist, dass Graichen darüber wochenlang schwieg und seinen Chef, Minister Robert Habeck, erst Anfang dieser Woche über die enge persönliche Verbindung zu Schäfer informierte. Das Ministerium versucht nun eilig, den Minister aus der Schusslinie zu nehmen und die Verantwortung auf den Staatssekretär abzuwälzen. Klar ist aber, auch der Minister kennt die handelnden Personen nicht erst seit gestern.
Dass jede Partei in einer Regierung versucht, eigene Leute in verantwortliche Positionen bringt, ist dabei nicht neu und beileibe nicht spezifisch für die Grünen. Wieso sonst hätte es einst CDU-Mann Ronald Pofalla in den Bahnvorstand gebracht? Allerdings sind die Grünen die Partei, die vieles anders und auch gerne moralisch einwandfrei machen will. Die Fallhöhe ist also einfach größer.
Dabei steht das Wirtschaftsministerium wegen des umstrittenen Wärmegesetzes aktuell ohnehin in der Kritik, auch in der eigenen Koalition. Gleichzeitig müssen etwa in Sachen Klimaschutz noch viele unerledigte Hausaufgaben der Vorgängerregierung vom Tisch geschafft werden. Debatten um grüne Günstlingswirtschaft sind da alles andere als hilfreich. Jede Entscheidung, die künftig von Graichen getroffen wird, dürfte in Zukunft aber durch die Klüngelbrille betrachtet werden. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, müssen der Minister und sein Staatssekretär nun selbst entscheiden. /kw