21.06.21, 09:32 von Irene Mayer-Kilani im Add-on Österreich

Wien (energate) - Stefan Gara (Neos) erhebt seit Oktober 2020 als Energie- und Klimapolitik-Sprecher im Kampf gegen die Klimakrise seine Stimme. energate hat mit ihm über die Auswirkungen der Verzögerung beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und seine Pläne für eine klimaneutrale Stadt gesprochen.

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energate: Herr Gara, wie wirkt sich die Verzögerung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), auf das die Energiebranche schon dringend wartet, auf ihre Arbeit aus?

Gara: Viele Unternehmer und Energieversorger treten an uns heran und beklagen die mangelnde Rechts- und Planungssicherheit. Gerade Energiegemeinschaften sind der Turbo bei der Transformation des erneuerbaren Energiesystems. Hier ist einen klarer Plan notwendig. Der Zeitdruck ist enorm, deshalb ist jede Verzögerung inakzeptabel. Das EAG ist die Basis für ein transparentes Fördersystem, um die 100 Prozent erneuerbare Stromversorgung bis 2030 zu erreichen. Weniger Bürokratie und ein erleichterter Netzanschluss sind dringend notwendig. Auch Speichertechnologien müssen stärker berücksichtigt werden. Ebenso eine klare Perspektive und Gesamtstrategie bei der Gas/Wasserstoff-Sektorkoppelung und einer nachhaltigen Kraft-Wärme-Kopplung. Generell müssen wir aber zuerst bei der Energieeffizienz ansetzen und hier ist das Energieeffizienzgesetz ebenfalls längst überfällig.

energate: Sind die von der Bundesregierung und Ministerin Gewessler angestrebten ambitionierten Klimaziele realistisch, auch im Zeitplan ihrer Umsetzung?

Gara: Klimaneutralität bis 2040 ist eine gewaltige Herausforderung. Technologisch ist es machbar, aber ohne eine deutlichen CO2-Preis und radikaler Strukturveränderung wird es nicht funktionieren. Hier sind die Bundesländer gefordert, die mit Bauordnung und Raumordnung wesentliche ordnungspolitische Instrumente für Gebäude und Mobilität in der Hand haben. Ebenso müssen die Bundesländer ein Treibhausgasbudget mit einem verpflichtenden Plan zur Dekarbonisierung für alle Sektoren einführen. Das setzen wir in Wien um.

energate: Wien startet eine Photovoltaik-Offensive mit einer neuen Förderschiene (energate berichtete). Wo setzen Sie weitere Schwerpunkte im Bereich Erneuerbare Energien ?

Gara: Mit den Energieraumplänen schaffen wir bis Ende 2021 klare Vorgaben für Neubauten, um diese mit erneuerbarer Energie oder Fernwärme zu versorgen. Während andere Bundesländer noch bei "Raus aus Öl" sind, setzt Wien "Raus aus Gas" im Gebäudebereich bereits um. Noch sind die Energieraumpläne auf den Neubau beschränkt. Bis 2040 steht aber der Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern auf dem Plan. Die Energieversorgung soll dann über Tiefengeothermie, Erdwärmepumpen und Anergie-Netze laufen, verbunden mit einer Steigerung der Energieeffizienz und Sektorenkopplung. Die letzte Etappe ist die Substitution von Erdgas mit erneuerbarem Gas für die KWK-Kraftwerke.

energate: Was planen Sie im Bereich E-Mobilität?

Gara: Die Wiener Taxiflotte sowie andere Fahrdienstanbieter, auch Car Sharing-Fahrzeuge, werden bis 2025 auf Elektroautos umgestellt. Der Wirtschaftsverkehr innerhalb des Stadtgebietes wird bis 2030 weitgehend CO2-frei. Auch der städtische Fuhrpark wird entsprechend elektrisch. "Essen auf Räder" und "Mobile Pflege" rüsten auf E-Fahrräder und E- Autos um. Wien wird die erste europäische Metropole, die eine Landstromversorgung für Flusskreuzfahrtschiffe errichtet, um Emissionen aus deren Dieselgeneratoren zu vermeiden. Das Ladenetz wird erweitert, Schnellladenetze sind geplant. Die verpflichtende Leerverrohrung für E-Ladestellen bei Neubau und Sanierung von Gebäuden wird ausgeweitet.

Das Interview führte Irene Mayer-Kilani, energate-Redaktion Österreich.