27.05.21, 17:29 von Daniel Zugehör

Berlin (energate) - Der BDEW fordert angesichts verschärfter Klimaziele einen stärkeren Ausbau der Photovoltaik in Deutschland. Statt 100.000 MW bis zum Jahr 2030 sollten es "mindestens" 150.000 MW sein. Dies sei für das Erreichen der Klimaneutralität notwendig, heißt es in einem Positionspapier des Verbandes. Ende 2020 betrug die installierte PV-Leistung 53.000 MW. Das im EEG 2021 festgelegte Ausbauziel in Höhe von 100.000 MW bis 2030 bedeute einen jährlichen Nettozubau von rund 5.000 MW. Der BDEW schlägt daher vor, das Ausbautempo zu verdoppeln und die Ausschreibungsvolumina für solare Dachanlagen und Freiflächenanlagen auf jeweils mindestens 5.000 MW pro Jahr zu erhöhen, also zusammen auf 10.000 MW.

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Hintergrund ist, dass die Bundesregierung die Klimaziele im neuen Klimaschutzgesetz verschärft hat. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen demnach nun um 65 Prozent sinken, statt bisher um 55 Prozent. Interessenvertreter bemängeln, dass dieses Ziel bislang noch nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt ist (energate berichtete). Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, hält die neuen Vorgaben für "äußerst ambitioniert". "Es geht jetzt ums Ganze, Trippelschritte beim Erneuerbarenausbau bringen uns nicht mehr weiter", sagte sie.

"One-Stop"-Anmeldung für Dachanlagen

Nach Ansicht des BDEW muss vor allem die Photovoltaik schneller wachsen. Das Positionspapier sieht daher beispielsweise vor, das Ausschreibungsvolumen für innovative Anlagenkonzepte wie Agri-PV oder schwimmende Solarparks auf zunächst 250 MW anzuheben. Auch brauche es Maßnahmen zur Förderung von Akzeptanz, wie einheitliche Planungsstandards. Zusätzlich sollten etwa die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Kommunen - auf freiwilliger Basis - finanziell an Solarparks beteiligt werden können. Auch für Dachanlagen wartet der Verband mit einer Reihe Empfehlungen auf, darunter die einer "One-Stop"-Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur, die sämtliche weitere Anmeldungen - wie etwa beim Finanzamt - ersetzen soll. Selbsterzeugter und vorrangig im Gebäude verbrauchter PV-Strom sollte in der energetischen Bilanzierung von Neu- und perspektivisch auch Bestandsbauten zudem attraktiver anrechenbar sein.

Des Weiteren fordert der BDEW bundesweit einheitliche Mindeststandards für die PV-Erzeugung auf und an Gebäuden, Stichwort Solarpflicht. So sollte die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion einnehmen und einen PV-Standard sowohl für seine Bestands- als auch Neubauten etablieren, "der eine vollständige Nutzung der zur Verfügung stehenden Dachflächen gewährleistet". Auch private Bauherren sollten bei neuen Wohngebäuden entsprechende, von den Länder im Baurecht verankerte Vorgaben einhalten. Um diese "PV-ready" zu machen, soll bei der Planung die Installation einer PV-Anlage berücksichtigt und ausreichend Platz für die dazugehörigen technischen Komponenten eingeplant werden müssen. Gewerbegebäude mit einer Dachfläche größer 75 Quadratmeter sollen wenigstens die Hälfte mit Solarpaneelen ausstatten.

EEG-Umlagebefreiung ausweiten

Regulatorisch sieht das Positionspapier ebenso Änderungen vor, zum Beispiel eine EEG-Umlagebefreiung auch für Drittbelieferungsfälle - und zwar für Strom aus PV- und anderen EEG-Anlagen bis 30 kW für 30 MWh/Jahr. Das würde unter anderem E-Mobilitätskonzepte vereinfachen, etwa wenn der E-Dienstwagen über die heimische PV-Anlage geladen wird oder das private E-Auto über die PV-Anlage am Arbeitsplatz, so der Verband. Darüber hinaus empfehlen die Autoren, den sogenannten atmenden Deckel bei der Vergütungsdegression unter Ausschluss der Ausschreibungsmengen und nur auf Basis von Aufdachanlagen zu ermitteln.

Um Mieterstrommodelle attraktiver zu gestalten, hält der BDEW außerdem ein Förderniveau zwischen 3,5 und 5,0 Cent/kWh für angemessen und stellt eine vollständige EEG-Umlagebefreiung zur Diskussion. Letzteres könnte die Renditen von Mieterstrom und einer Eigenversorgung aus den betreffenden Anlagen angleichen. Wird das öffentliche Netz nicht genutzt, sei eine Anwendung des Modells auch auf Gewerbedächer und andere Nicht-Wohngebäude im räumlichen Zusammenhang denkbar.

In puncto Freiflächenanlagen bringt der Verband unter anderem ins Spiel, die Grenze der Förderfähigkeit von Anlagen auf 30 MW zu erhöhen. Die im EEG 2021 festgelegte Netzbetreiberlösung für ausgeförderte Anlagen sieht der BDEW kritisch, da sie die sonstige Direktvermarktung schlechter stelle. Weitere Empfehlungen betreffen beispielsweise sogenannte Prosumer, die Netzintegration von PV-Anlagen oder auch bessere Rahmenbedingungen für Speicher. Die Klimaschutzdebatte zeige, dass Handlungsdruck zum Umbau der Volkswirtschaft bestehe, so der BDEW. Mit seinem Papier wolle er sich aktiv einbringen. Es ist online als PDF verfügbar. /dz