Berlin (energate) - Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) in Deutschland haben die endgültige Fassung des Netzentwicklungsplans (NEP) Gas 2020-2030 veröffentlicht. Das ursprünglich geplante Wasserstoff-Startnetz haben sie gestrichen, was beim "Handelsblatt Wasserstoff-Gipfel" erneut Streitpunkt zwischen den Netzbetreibern und der Bundesnetzagentur war.
Der NEP umfasse 175 Maßnahmen zum Neubau von Ferngasleitungen mit einer Länge von 1.620 Kilometern und einem Zubau von Verdichterleistung in Höhe von 405 MW, teilte die Vereinigung der Netzbetreiber FNB Gas mit. Die Vorhaben sicherten unter anderem einen zusätzlichen Gasbedarf in Süddeutschland und für neue Gaskraftwerke ab. Zudem würden neue Versorgungsquellen angebunden, um den Wegfall von L-Gas aus deutscher und niederländischer Produktion zu kompensieren. Die Gesamtinvestitionen beziffern die FNBs auf etwa 7,8 Mrd. Euro.
Im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf mussten die Netzbetreiber auf Verlangen der Bundesnetzagentur das modellierte H2-Startnetz 2030 für den Transport von Wasserstoff wieder aus dem NEP herausnehmen (energate berichtete). "Wir bedauern, dass das von uns auf Basis der Marktabfrage modellierte Wasserstoff-Startnetz nicht im Rahmen der Netzentwicklungsplanung umgesetzt werden kann", sagte FNB-Gas-Geschäftsführerin Inga Posch, zur Veröffentlichung des NEPs. Die Bundesnetzagentur hatte in Bezug auf die geplante Wasserstoffindustrie nur anerkannt, dass die Netzbetreiber Leitungen für den Wasserstofftransport aus dem Erdgasnetz herausnehmen können. Auch verstärkende Maßnahmen, die aufgrund der Umstellung im Erdgasnetz erforderlich sind, hat die Regulierungsbehörde genehmigt.
Aus Sicht der Regulierungsbehörde sind vor dem Hintergrund der EnWG-Novelle Einzelprojekte im Bereich Wasserstoff nach einer sogenannten Ad-hoc-Prüfung schnell umsetzbar. Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender des FNB Gas, befürchtet dagegen Verzögerungen und dass Deutschland ohne eine gemeinsame Planung von Gas- und Wasserstoffnetzen Wettbewerbsvorteile an andere Länder in der EU verlieren könnte: "Wir brauchen einen Rahmen für die integrierte Planung und Finanzierung von Gas- und Wasserstoffinfrastruktur", so seine Forderung.
Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, betonte beim "Wasserstoff-Gipfel", dass es beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft darauf ankomme, bedarfsgerecht und in kürzester Zeit neue Leitungen genehmigen zu können. Das wäre mit den Ad-hoc-Prüfungen möglich. Es ergebe dagegen keinen Sinn, das komplizierte System der Gasnetzregulierung auf Wasserstoff zu übertragen und Leitungsprojekte in den mehrjährigen Prozess des NEP einzubinden. Inga Posch verteidigte in der Diskussionsrunde der Handelsblatt-Veranstaltung die Prozesse des NEP als sinnvoll und richtig, um zu volkswirtschaftlich günstigen Lösungen zu gelangen. Auf europäischer Ebene gebe es erste vielversprechende Ansätze, zu einer Betrachtung des Gesamtsystems der Energieversorgung zu kommen.
Die Bundesnetzagentur spricht sich dagegen für eine klare Trennung von Strom-, Gas- und Wasserstoffnetzen aus, um eine Quersubventionierung auf Kosten der Nutzer zu verhindern. Die Nutzung von Erdgas gehe zurück, daher sei es nicht sinnvoll, die Finanzierung des Wasserstoffnetzes auf "einen scheidenden Teil der Netznutzer umzulegen", so Homann weiter. Mit der Endlichkeit der Gasnetze hatte der Leiter der Regulierungsbehörde jüngst auch schon bei einer Veranstaltung von BBH argumentiert (energate berichtete). Die Quersubventionierung würde dabei in beide Richtungen gehen, denn langfristig wäre es bei einer gemeinsamen Planung so, dass in einem ausgebauten Wasserstoffnetz die Industrie umgekehrt die am Ende noch verbliebenen Gaskunden finanzieren würde. Aus seiner Sicht müsste die Finanzierung für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes stattdessen aus einer gesamtgesellschaftlichen Quelle kommen. "Wir können doch nicht darüber diskutieren, die EEG-Umlage abzuschaffen und für Wasserstoff eine neue Umlage einführen", argumentierte der Präsident der Bundesnetzagentur. /tc
Der finale NEP Gas ist auf der Website des Verbandes veröffentlicht. Detaillierte Informationen zu den Projekten bietet auch die NEP-Gas-Datenbank.
Kind des Ruhrgebiets und seit 2001 als Redakteur bei energate. Seit 2018 Teil des Teams Gas & Wärme. Davor zwei Jahre lang als Nordkorrespondent in Bremen.