Berlin (energate) - Das Bundeskabinett hatte im Februar eine Verschärfung der Minderungsquote für Treibhausgase (THG) im Verkehrssektor beschlossen. Ein Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD hebt die THG-Quote nun deutlich und jährlich an. Bislang war geplant, dass die Quote, die aktuell bei sechs Prozent liegt, bis 2030 schrittweise auf 22 Prozent ansteigen soll. Dem energate vorliegenden Antrag zufolge soll sie stattdessen bis 2030 auf 25 Prozent ansteigen.
Mit der THG-Quote setzt die Bundesregierung die Vorgaben der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED II) in nationales Recht um, geht aber deutlich über die vorgeschriebenen 14 Prozent hinaus. Mineralölunternehmen müssen die Emissionen ihrer Kraftstoffe um den in der THG-Quote beschrieben Wert verringern, indem sie Biokraftstoffe beimischen oder etwa Einsparzertifikate erwerben, beispielsweise von Ladesäulenbetreibern. Umweltverbände warnen jedoch davor, Biosprit und E-Fuels mehr Raum zu geben. Eine starke Erhöhung der THG-Quote riskiere, dass auch umweltschädliche biogene Kraftstoffe und ineffiziente synthetische Kraftstoffe verstärkt in den Markt kämen oder dort gehalten würden (energate berichtete). Industrie und Mineralölunternehmen hatten hingegen massiv für eine höhere Quote geworben, um Wasserstoff und E-Fuels mehr Raum zu geben. Bundesumweltministerin Schulze (SPD) hatte die ursprünglich geplante Quote bereits angehoben.
Dies reicht den Regierungsfraktionen im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit offenbar noch nicht aus. Sie wollen weitere Anreize setzen, "damit neben etablierten und fortschrittlichen biogenen Kraftstoffen auch grüner Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe zur Erfüllung der Quote eingesetzt werden", wie es in einem vorliegenden Entschließungsantrag heißt. Zuvor hatte sich vor allem die Unions-Fraktion für einen schnelleren Anstieg der THG-Quote bis 2026 ausgesprochen (energate berichtete).
Für einen gleichmäßigeren Anstieg der Quote hatten zudem Vertreter der Biokraftstoffbranche geworben. Diesen sieht auch der Änderungsantrag nun auch vor: Während die Bundesregierung vor allem für das Jahr 2029 auf 2030 einen Sprung von 15 auf 22 Prozent plante, soll die THG-Quote nun bereits 2029 bei 21 Prozent liegen. "Für den Klimaschutz im Verkehr ist es besonders wichtig, dass die THG-Quote gleichmäßig anwächst, und nicht erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts abrupt große Sprünge macht", sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), gegenüber energate. Durch die Vergleichmäßigung könnten bis 2030 etwa 60 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich eingespart werden. "Hier haben wir den Eindruck, dass sich die Debatte derzeit in die richtige Richtung bewegt", so Baumann.
Eine weitere Empfehlung der Fraktionen betrifft den umstrittenen Einsatz von Palmöl. Dieser soll ab sofort auf den Status quo von 2019 begrenzt und ab 2023 nicht mehr gefördert werden. Der Kabinettsentwurf sah einen schrittweisen Ausstieg für Biokraftstoffe aus Palmöl bis 2026 vor. Umweltverbänden zufolge verursachen agrarische Kraftstoffe mehr Treibhausgase als fossile - unter anderem wegen der Umwandlung kohlenstoffreicher Lebensräume wie Wald in Acker. Bei Palmöl seien die Emissionen bis zu dreimal höher als bei fossilem Kraftstoff und bei Sojadiesel etwa doppelt so hoch, sagt etwa die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Die Biokraftstoffbranche wehrt sich gegen die Vorwürfe (energate berichtete).
Im Bereich strombasierter Kraftstoffe soll im Rahmen der RED-III-Umsetzung zudem geprüft werden, welche Quoten und Anreizmechanismen zusätzlich in Betracht kommen, um im Verkehrssektor Treibhausgasneutralität zu erreichen. Die EU-Kommission will im Juni ihre neue Erneuerbarenrichtlinie (RED III) vorstellen. Im Rahmen der Verhandlungen solle sich die Bundesregierung nun für eine starke Förderung von strombasierten Kraftstoffen einsetzen. Über den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der THG-Quote will der Bundestag am 20. Mai erneut beraten. /ck
Seit Oktober 2020 arbeite ich in der Politikredaktion von energate in Berlin. Dabei interessiere ich mich neben der Energiepolitik vor allem für das Thema Klimapolitik. Vor energate war ich für den Berliner Tagesspiegel und das Wirtschaftsmagazin bizz energy tätig.