Kösching (energate) - In Kösching bei Ingolstadt hat ein Bürgerentscheid den Bau eines Holzkraftwerks für den Autokonzern Audi gekippt. Nach Angaben der Stadt stimmten 3.427 Bürger und damit eine deutliche Mehrheit gegen die Anlage mit einer thermischen Leistung von 60 MW, die in erster Linie die Wärme- und Stromversorgung des Autoherstellers sicherstellen sollte. Nur 1.577 der Bürger befürworteten die Pläne, die auch eine grüne Energieversorgung in Teilen der Gemeinde ermöglicht hätte. Audi wollte nach der Inbetriebnahme das bestehende Gaskraftwerk stilllegen, damit Autos bis spätestens 2025 klimaneutral vom Band rollen können. Der auf Holzkraftwerke spezialisierte Projektierer Prolignis hatte mit der Verfeuerung von 173.000 Tonnen Holz im Jahr kalkuliert - davon 80.000 Tonnen Energieholz, 60.000 Tonnen aus der Landwirtschaftspflege und 33.00 Altholz.
Diese Zahlen hatte die Bürgerinitiative "Stoppt das Kraftwerk" infrage gestellt. Einerseits bezweifelte sie, dass überhaupt genügend regional verwertbares Holz verfügbar sei. Zum anderen, dass die Anlage aufgrund ihrer Größe für das Klima nachhaltig sei. "Gegen kleinere Biomasseanlagen im regionalen Bereich bestehen keine Einwände. Eine Industrialisierung zur Energiegewinnung ist langfristig bedenklich", schreibt die Bürgerinitiative auf ihrer Internetseite. Ein Baum sei schnell verheizt, brauche aber sehr lange zum Nachwachsen und bei seiner Verbrennung entstehe sogar mehr CO2 als bei der Kohle. Auch der Bau eines Fernwärmenetzes für die Verteilung der Restwärme an die Anwohner überzeugte die Initiative nicht. Ein Fernwärmenetz lasse sich in einem gewachsenen und bereits bestehenden Ort wie Kösching weder wirtschaftlich noch technisch errichten. "In Deutschland findet man keine vergleichbar große Gemeinde, die nachträglich mit einem Fernwärmenetz ausgestattet wurde", hieß es in Kösching.
Bürgermeister Ralf Sitzmann hatte das Projekt laut Lokalpresse unterstützt, auch wenn Teile des Gemeinderates nicht überzeugt waren. Zumindest das klare Votum des Bürgerentscheids, an dem 67 Prozent der Wahlberechtigten teilnahmen, dürfte Sitzmann entgegenkommen, der in der "Süddeutschen Zeitung" bereits von einem "rauen Ton" in der Debatte berichtete. 49 Prozent zu 51 wäre in seinen Augen "das Schlimmste" gewesen. Wie und ob der Projektierer Prolignis an einem Plan B für Audi arbeiten darf, ist bisher noch offen. "Es ist für die Verantwortlichen von Prolignis zu früh, jetzt konkrete Aussagen über den weiteren Fortgang des Projektes bzw. der Standortentwicklung zu machen", sagte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage. Auf dem Audi-Gelände in Ingolstadt selbst ist nicht genügend Platz, um ein Kraftwerk in dieser Größenordnung zu bauen. /mt
Ich bin einer der "energate-Urgesteine" und arbeite seit über 20 Jahren als Redakteurin am Standort Essen. Inzwischen verantworte ich das Ressort Gas & Wärme und bin auch in der Redaktionsleitung vertreten.