24.02.21, 16:10 von Thorsten Czechanowsky

Berlin (energate) - Die Vergabe von IPCEI-Fördermitteln zum Markthochlauf von Wasserstoff ist in Deutschland auf großes Interesse gestoßen. "Im Interessenbekundungsverfahren für ein 'IPCEI Wasserstoff' wurden rund 200 Skizzen für mögliche Projekte zu Wasserstofftechnologien und -systemen eingereicht", teilte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf energate-Anfrage mit.

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Bis zum 19. Februar konnten sich Unternehmen und Konsortien um eine Förderung als Important Project of Common European Interest (IPCEI) bewerben (energate berichtete). Über diesen Mechanismus sind höhere nationale Beihilfen für Projekte möglich, die einen wichtigen Beitrag für die europäische Industrie leisten und in mehreren EU-Mitgliedsstaaten zu positiven Effekten führen. Initiiert hatten den Wettbewerb die Bundesministerien für Wirtschaft und Verkehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium und den Ländern. Insgesamt stehen zwischen 4 und 5 Mrd. Euro bereit. Dass so viele Projektskizzen eingegangen sind, "ist ein großer Erfolg und zeigt das hohe Interesse an Wasserstoffprojekten und das Interesse und die Bereitschaft zu Investitionen in Wasserstofftechnologien", so die Ministeriumssprecherin.

Die Bewerbungen seien aus allen Teilen Deutschlands eingegangen. Zudem umfassten einige Skizzen einen Verbund mehrerer Vorhaben. Daher lasse sich die genaue Anzahl der Bewerber erst nach einer eingehenden Sichtung feststellen, so die Sprecherin. "Derzeit werden die Skizzen ausgewertet und eine Vorauswahl der förderfähigen Projekte getroffen." Im Anschluss sollen die Projekte dann mit anderen europäischen Vorhaben vernetzt werden und einer vertieften Prüfung unterzogen werden. Eine Übersicht über alle Projektideen wird das Ministerium nicht veröffentlichen.

Projekte von Schleswig-Holstein bis Bayern

Einzelne Unternehmen sind mit ihren Vorhaben von selbst an die Öffentlichkeit gegangen. So haben zum Beispiel die Unternehmen des Eon-Konzerns eine entsprechende Liste zusammengestellt. Darauf finden sich unter anderem das Projekt Aqua Ventus, die Zusammenarbeit der Edis-Gruppe mit der Gasag zum Aufbau einer 2-MW-Elektrolyse am Standort Ketzin und das Projekt "HyMAT SH" wieder, über das die Hansewerk AG 40 MW Elektrolysekapazität für die Belieferung von Schwerlastverkehrstankstellen in Schleswig-Holstein und Hamburg aufbauen will.

Auch die Fernleitungsnetzbetreiber Bayernets und Open Grid Europe sind mit einem gemeinsamen Projekt angetreten. Mit "HyPipe Bavaria" wollen sie bestehende Transportleitungen oder Leitungstrassen nutzen, um Wasserstoff-Quellen mit Bedarfsschwerpunkten in Bayern zu verbinden. Auf diese Weise könnten in Zukunft große Mengen grünen Wasserstoffs im Raum Ingolstadt und Burghausen zur Verfügung stehen. Internationale Anknüpfungspunkte sehen die beiden Netzbetreiber in Österreich. So könnte das Projekt mit dem internationalen Vorhaben "Green Hydrogen @ Blue Danube" kombiniert werden. Auch der Anschluss an ein österreichisches Wasserstoffnetz, das von Gas Connect Austria geplant wird, sei denkbar.

In Hamburg sind Uniper und Siemens Energy mit Plänen für eine 200-MW-Elektrolyse am Kraftwerksstandort Moorburg ins Rennen um IPCEI-Gelder gegangen (energate berichtete). Laut Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) haben sich "verschiedene chancenreiche Projekte aus Hamburg" um eine Förderung in Millionenhöhe beworben. Die Stadt setzt große Hoffnung in die Potenziale von Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hofft auf "eine Realisierung möglichst vieler der vorgestellten Projekte mithilfe der IPCEI-Instrumentarien". Auf diese Weise könne sich Norddeutschland zu einer europäischen Keimzelle für die Wasserstofftechnologie entwickeln.

"Hier entsteht eine neue Branche"

Auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) setzt darauf, dass Norddeutschland zum Treiber der Wasserstoffwirtschaft werden kann. In einem ersten "Online-Matchmaking" hatte Niedersachsen Anfang der Woche Vertreter von elf Bewerbern aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Hamburg zusammengeführt. "Hier entsteht eine neue Branche, dafür braucht es auch Zusammenarbeit und gegenseitigen Austausch", so der Minister.

Die Vorhaben der elf Konsortien reichen von der CO2-neutralen Stahlherstellung mit Wasserstoff, über den Aufbau von Wasserelektrolysekapazitäten für die Produktion von grünem Wasserstoff, dem Aufbau transeuropäischer Infrastruktur zur Verteilung von Wasserstoff, bis zur Entwicklung von mit Brennstoffzellen betriebenen Rangierloks für deutsche Häfen. So hat etwa in Duisburg die Steag zusammen mit dem Stahlkonzern Thyssenkrupp das Projekt "HydrOxy Hub Walsum" aufgelegt. Hier soll eine 500-MW-Elektrolyse zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion beitragen.

Der Prozess des europäischen Matchmakings soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, wie die sächsische Landesregierung mitteilt. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) begrüßte, dass sich auch aus Sachsen Unternehmen am Förderaufruf beteiligt haben. "Wir unterstützen diese Bewerbungen ausdrücklich und werden den damit verbundenen Prozess begleiten", kündigte er an. /tc