Berlin (energate) - Die Chefin der Eon-Tochter Westenergie, Katherina Reiche, fordert mehr Tempo beim Markthochlauf der Wasserstofftechnologie in Europa. Bei der Digitalisierung habe die EU zu spät reagiert, dieser Fehler dürfe sich nun nicht wiederholen, betonte Reiche in einer Videobotschaft für die "Deutsche Wasserstoffvollversammlung" in Berlin. Sie verwies auf Länder wie Japan oder China, die den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft intensiv vorantrieben, auch der neue US-Präsident Joe Biden habe milliardenschwere Investitionen auf diesem Gebiet angekündigt (energate berichtete). Politik und Wirtschaft müssten sich nun gemeinsam anstrengen, damit Europa den Anschluss behalte. "Wir müssen bei Wasserstoff in der Champions League spielen, Landesliga reicht nicht", betonte Reiche. Die Managerin steht auch dem Nationalen Wasserstoffrat vor, der die Umsetzung der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung begleitet (energate berichtete).
Da grüner Wasserstoff aktuell noch nicht marktfähig sei, brauche es entsprechende Anreize. Die beschlossene Umlagebefreiung für Elektrolysestrom sei ein erster Schritt, so die Managerin. Für die Industrie sind aus ihrer Sicht weitere Schritte notwendig, wie etwa Carbon Contracts für Difference. Zu überlegen sei auch, Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, den Einsatz von grünem Stahl auch auf Emissionsvorgaben anrechnen zu lassen, so Reiche. Dies könnte etwa für die Autobauer einen zusätzlichen Anreiz ermöglichen. Für den Ausbau der Elektrolyseure ist zudem laut der Westenergie-Chefin eine Förderung der Investitionskosten allein nicht genug. "Wir brauchen auch eine Opex-Förderung." Da dies nach geltendem EU-Recht nicht möglich ist, müsse sich die Bundesregierung dafür bei der EU-Kommission einsetzen, forderte sie.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betonte bei der Konferenz, die Bundesregierung wolle Deutschland zum Wasserstoffland machen. Die Technologie spiele für die Dekarbonisierung in allen Sektoren eine wesentliche Rolle. "Wir wollen, dass sich Geschäftsmodelle mit Wasserstoff auch lohnen", so der Minister. Er verwies auf die 9 Mrd. Euro an Förderung, die über Nationale Wasserstoffstrategie zu Verfügung stünden. Jeweils 1 Mrd. Euro sollen über zwei Förderrichtlinien zum Kauf von Wasserstoffbussen und LKW in Kürze verfügbar sein, kündigte er an.
Aus Sicht von Kurt-Christoph von Knobelsdorff, Chef der Nationalen Organisation Wasserstoff- Brennstoffzellentechnologie, ist der Verkehrssektor für den Hochlauf von grünem Wasserstoff wesentlich. Anders als in anderen Sektoren sei der Einsatz dort wegen der spezifischen CO2-Vermeidungskosten schon viel früher rentabel. Er nannte einen Preis von 7 Euro pro Tonne. Im Fokus steht dabei der Schwerlastverkehr. Laut den Plänen der Bundesregierung soll 2030 bereits ein Drittel der gefahrenen Kilometer elektrisch oder mit Brennstoffzellenantrieb erfolgen. "Das ist nicht mehr viel Zeit", so von Knobelsdorff. Noch gibt es keine Serienfahrzeuge. Er ermahnte die Hersteller, sich schnell auf einheitliche Standards für die Betankung von LKW zu einigen, sonst werde es schwer, die Ziele zu erreichen (energate berichtete). /kw