Duisburg (energate) - Der Stahlhersteller Thyssenkrupp plant gemeinsam mit dem Kraftwerksbetreiber Steag den Aufbau einer Produktionsanlage für grünen Wasserstoff im industriellen Maßstab. Der Wasserstoff soll die Emissionen in der Stahlherstellung reduzieren. Geplant ist der Bau einer Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 500 MW am Kraftwerksstandort der Steag in Duisburg-Walsum. Laut Angaben der Unternehmen wäre es nach derzeitigem Stand die größte weltweit. Den Bau wird die Thyssenkrupp-Tochter Uhde Chlorine Engineers übernehmen. Der Grünstrom soll über die anliegende Höchstspannungsleitung kommen. Geplant ist, den Wasserstoff sowie auch den bei der Elektrolyse anfallenden Sauerstoff per Pipeline zum wenige Kilometer entfernten Stahlwerk in Bruckhausen zu transportieren. Dort will der Stahlhersteller schrittweise den in den Hochöfen eingesetzten Kohlenstoff durch Wasserstoff ersetzen.
Der Bedarf an Wasserstoff bei Thyssenkrupp ist entsprechend groß. Zum Start soll er bei 20.000 Tonnen pro Jahr liegen, bis 2050 auf 720.000 Tonnen steigen, schreibt das Unternehmen. Die geplante Anlage in Walsum könnte laut Mitteilung bis zu 75.000 Tonnen liefern. Wasserstoff sei der größte Hebel für die Senkung der CO2-Emissionen in der Stahlindustrie, erklärte Arnd Köfler, Produktionsvorstand bei Thyssenkrupp Steel. "Wir müssen heute die Weichen für die Versorgung stellen, um morgen klimaneutralen Stahl produzieren zu können."
Was das Vorhaben kosten wird, ist aktuell noch nicht absehbar. Genauere Informationen dazu soll eine Machbarkeitsstudie liefern, die bis Mitte kommenden Jahres erscheinen soll, teilte ein Steag-Sprecher mit. Sollte bis 2022 eine Investitionsentscheidung fallen, könnte ab 2025 in Walsum grüner Wasserstoff produziert werden.
Sowohl die Steag, aber vor allem Thyssenkrupp hatten zuletzt mit Problemen zu kämpfen und gaben den Abbau von Stellen bekannt. Das Wasserstoffprojekt soll daher auch eine Signalwirkung haben, wie Steag-Geschäftsführer Ralf Schiele betont. "Aufbau und Betrieb einer Elektrolyseanlage in dieser Größenordnung sicherte nicht nur langfristig den Stahl- wie auch den Energiestandort Duisburg, sondern machte die Stadt mit einem Schlag zur Keimzelle einer erfolgreich florierenden, grünen Wasserstoffwirtschaft."
Ohne zusätzliches Kapital werden die Unternehmen nach eigener Aussage das Vorhaben nicht stemmen können. In der Ankündigung verweisen die Partner darauf, öffentliche Fördergelder sowie auch privates Kapital anwerben zu wollen. Sowohl beim Bundeswirtschaftsministerium als auch beim Land NRW dürften sie offene Türen einrennen. Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf stellte kürzlich eine Wasserstoff-Roadmap vor, die unter anderem auf das Ruhrgebiet als Kern für Erzeugung und Verbrauch von grünem Wasserstoff setzt (energate berichtete). Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) fordert immer wieder Projekte im Industriemaßstab für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Die Stahlbranche spielt dabei eine wesentliche Rolle. Am 4. Dezember erhält etwa der Thyssenkrupp-Konkurrent Salzgitter von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen millionenschweren Förderbescheid für eine Produktionsanlage für grünen Stahl.
Über das Konjunkturprogramm der Bundesregierung stehen sieben Mrd. Euro an Fördergeldern für Wasserstoff bereit. Das dürfte allerdings nicht ausreichen. Minister Altmaier will daher in Kürze ein so genanntes IPCEI-Projekt für Wasserstoff vorstellen. Dieses ermöglicht eine staatliche Förderung trotz der geltenden EU-Beihilferegeln der EU. Für die Batterietechnologie hat sich das Instrument als Erfolg erwiesen.
Neben den Investitionen stellen die Betriebskosten von Elektrolyseuren Unternehmen vor Herausforderungen. Die Bundesregierung will daher den Einsatz von Grünstrom für die Wasserstoffherstellung von Umlagen befreien (energate berichtete). Die entsprechende Änderung soll der Bundestag noch im Dezember verabschieden. Ein Problem bleibt die fehlende Regulierung von Wasserstoffnetzen. Thyssenkrupp und Steag planen etwa den Bau einer neuen, reinen Wasserstoffleitung zwischen Elektrolyse und Stahlherstellung. Noch fehlt eine entsprechende Änderung des Energiewirtschaftsgesetz. Die NRW-Landesregierung macht bei diesem Thema zuletzt Druck und verlangte die notwendigen Anpassung noch in der laufenden Legislaturperiode (energate berichtete). /kw