Wien (energate) - Zwischen den Ausbauzielen der Bundesregierung bei Photovoltaik und den tatsächlichen Rahmenbedingungen klaffe eine große Lücke, so der Branchenverband Photovoltaik Austria gegenüber energate. "Die Potenziale für PV auf Gebäuden werden ohne grundlegende Änderungen der Gesetze bei Weitem nicht ausreichen. Wir fordern daher ein genaues Konzept auch für den Ausbau auf Freiflächen. Auch sollten Bauordnungen PV auf Neubauten verpflichtend machen, und das fällt in die Kompetenz der Länder und Gemeinden", sagte Herbert Paierl, Vorstand von Photovoltaik Austria.
Derzeit sind in Österreich Anlagen mit einer Leistung von etwa 1,6 Mrd. kWh installiert. Das Regierungsprogramm sieht bis zum Jahr 2030 einen Ausbau der Erneuerbaren von 27 Mrd. kWh vor, wovon der Photovoltaik elf Mrd. kWh zukommen, also eine knappe Verzehnfachung der jetzigen Kapazitäten. Das entspricht einem jährlichen Zubau von 1,7 Mrd. kWh, während der derzeitige Zubau in Österreich rund 0,2 Mrd. kWh ausmacht. "Das Eine-Million-Dächer-Programm von Umweltministerin Leonore Gewessler ist hier eine wichtige Unterstützung, aber niemand sagt, wie das zustande kommen soll. Auch auf der Ebene der Länder und Gemeinden sind die aktuellen Bestimmungen in den Bauordnungen nicht hilfreich. Die Stadt Wien hat im April eine Novelle angekündigt, wonach kein Wohngebäude mehr ohne PV errichtet werden soll, aber gekommen ist bisher nichts", so Paierl. "Ohne Verpflichtungen wird es aber nicht gehen. Wir schlagen daher vor, bei Neubauten im Wohnbau für jede Wohnung eine Leistung von 1 kWpeak verpflichtend zu machen. Bei Industriebauten sollen PV-Anlagen verpflichtend werden, die genau dem Anschlusswert für die Elektrik des Gebäudes entspricht."
Die Schwierigkeiten im Ausbau von Photovoltaik und das Problem fehlender Flächen streicht auch eine Analyse im Auftrag von Oesterreichs Energie heraus, die heuer im Frühjahr erschienen ist. Demnach gibt es bei Gebäuden ein Ausbaupotenzial von rund 4 Mrd. kWh. Davon müssten bis 2030 "etwa 80 bis 90 Prozent aller technischen Potenziale an Gebäuden realisiert werden, was alleine aufgrund des relativ engen Zeitfensters von nur zehn Jahren als unmöglich erscheint", so Studienautor Hubert Fechner (FH Technikum Wien). "Es wird unabdingbar sein, möglichst rasch auch andere Flächen für die Nutzung von PV-Anlagen ernsthaft in Erwägung zu ziehen." Allerdings sind nach Berechnungen der Studie sowohl die Potenziale für PV auf Deponien als auch auf militärisch genutzten Flächen gering. Im Verkehrsbereich hat der Ausbau demnach ein Potenzial von etwa einer Mrd. kWh.
Das größte und am realistischsten umzusetzende Potenzial ortet die Studie bei PV auf Freiflächen, die 28 bis 32 Mrd. kWh betragen soll. Davon sollen bis zum Jahr 2030 "mindestens 5,7 Mrd. kWh realisiert werden", schreibt Fechner. Die benötigte Fläche beziffert er mit knapp 60 Quadratkilometern. "Ein interessanter Ansatz besteht hier vorrangig darin, Flächen zu identifizieren, die eine gewisse Minderwertigkeit aufweisen, wie zum Beispiel entlang der Autobahnen, Schnellstraßen und Bahnlinien - wie dies in Deutschland mit der 110-Meter-Regelung bereits geschehen ist", heißt es in der Studie. Aber auch Flächen in Industriegebieten müssten genutzt werden. In diesem Zusammenhang seien die enormen bürokratischen Hürden kontraproduktiv, wegen denen die Nebenkosten teilweise höher seien als die eigentlichen Investitionskosten. Ein weiteres Hindernis sei der aktuell geltende Eigenverbrauchsvorrang, der einen Weiterverkauf von Überschussstrom vielfach unwirtschaftlich mache. /Peter Martens