Oldenburg (energate) - Die Oldenburger EWE AG sucht einen Käufer für ihre 85 Erdgas-Tankstellen. Dies bestätigte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber energate. Es sei richtig, dass EWE einen Verkauf der CNG-Tankstellen in Erwägung ziehe und derzeit Gespräche mit potenziellen Käufern führe. Der Sprecher begründete den Schritt damit, dass sich das Unternehmen künftig auf die Elektromobilität konzentrieren wolle: "Momentan steht das Thema Elektromobilität eindeutig im Fokus." Auch wenn EWE die Erdgastankstellen verkauft, will das Unternehmen die CNG-Busse der Oldenburger Verkehrsgesellschaft weiter versorgen. Der Betreiber des ÖPNV in Oldenburg nutzt ausschließlich Erdgasbusse. Einen Zeitplan für den Verkaufsprozess nannte der Sprecher nicht.
Eine Konsolidierung im Segment der CNG-Tankstellen gibt es im Grunde seit Jahren. Bisher haben vor allem Stadtwerke und regionale Versorger eher kleinere Portfolien verkauft. Die Berliner Gasag hatte etwa 2019 zehn Tankstellen abgegeben. Mit EWE würde der zweitgrößte deutsche Betreiber nach Eon Gas Mobil mit ungefähr 105 Tankstellen aus dem Markt gehen. Als Käufer sind in der Vergangenheit neben Eon Gas Mobil vor allem die Nummer drei im deutschen Markt, die niederländische Orangegas (knapp 50 Tankstellen) und die Nummer fünf, Pitpoint, eine Tochtergesellschaft von Total (circa 45 Tankstellen), aufgetreten. Viertgrößter Betreiber ist Gazprom NGV mit 47 Tankstellen. Aber auch die VNG-Tochtergesellschaft MoviaTec, die etwa zehn Tankstellen betreibt, versucht das Portfolio zu vergrößern. Die Zahlen hatte im Januar die Brancheninitiative Zukunft Erdgas energate zur Verfügung gestellt. Insgesamt gibt es in Deutschland 836 Erdgastankstellen.
Derzeit lassen sich CNG-Tankstellen durchaus profitabel betreiben, auch wenn nur knapp 100.000 Fahrzeuge zugelassen sind und diese Zahl im Grunde stagniert. Dabei leistet der hohe Preis für die Treibhausgas-Minderungsquoten einen nicht unwesentlichen Ergebnisbeitrag. Nicht nur die im Vergleich zu Diesel und Benzin vermiedene THG-Emission bei der Nutzung von Biomethan, sondern - mit einem niedrigeren Wert - auch von Erdgas werden in der Mineralölwirtschaft auf Quotenverpflichtungen angerechnet. Im Frühjahr lag der Preis für diese Minderungen bei über 400 Euro/t. Allerdings bekommen einige Mineralölhändler zumindest einen Teil des Erlöses aus dem Quotenverkauf, wenn Tankstellen auf ihren Stationen betrieben werden. Aral hat zum Jahresende 2020 mit allen Betreibern der 180 Tankstellen auf seinen Stationen die Verträge gekündigt, um in Zukunft die Erlöse aus dem Verkauf der THG-Minderung komplett oder teilweise zu erhalten, berichten Marktteilnehmer.
Die Zukunft der CNG-Tankstellen ist vor allem von der Weiterentwicklung der CNG-Mobilität abhängig. Seit der VW-Vorstandschef Herbert Diess Anfang März angekündigt hatte, dass sich der Konzern mittelfristig aus dem Segment verabschiedet (energate berichtete), herrscht in der CNG-Branche Katerstimmung. Die Volkswagen-Gruppe hat in Deutschland bei CNG-Fahrzeugen einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent. Andererseits setzen einige Verfechter der Erdgasmobilität auf ein Wachstum bei kleineren und größeren CNG-betriebenen Nutzfahrzeugen. Die Verlängerung der Mautbefreiung für Erdgas-LKW, sei nicht nur für LNG, sondern auch CNG ein interessanter Treiber, sagte ein Marktteilnehmer. Davon profitieren nur solche Tankstellen, die für die Betankung von Nutzfahrzeugen geeignet sind. /hl