20.03.20, 11:22 von Heiko Lohmann

Berlin (energate) - Der Zeitplan der Marktraumumstellung könnte durch die Coronakrise durcheinandergeraten. Infektionen und Verdachtsfälle reduzieren möglicherweise die Zahl der verfügbaren Monteure bei den Dienstleistern stark. Aber auch die Beschränkung von Kundenkontakten und eingeschränkte Zugänglichkeit von Wohnungen sind weitere potenzielle Engpässe.

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Aktuell laufen bei vielen Verteilnetzbetreibern die Umstellungsprozesse wohl weiter. Aber die Lage sei dynamisch und werde täglich neu geprüft, sagte eine Sprecherin von BS Energy zu energate. Man stehe im Kontakt zum vorgelagerten Netzbetreiber wegen einer möglichen Verschiebung der Anpassung. Dazu gebe es aber noch keine Entscheidung. Bei der Netzgesellschaft des Braunschweiger Versorgers steht im April die Umschaltung eines Teilnetzes von L-auf H-Gas an.

Eon: Alle Arbeiten mit Kundenkontakt eingestellt

Andere Verteilnetzbetreiber wollten in der aktuellen Situation gar nicht Stellung nehmen. Man prüfe die Vor- und Nachteile einer vorübergehenden Unterbrechung des Projektes Marktraumumstellung, war von einem Netzbetreiber zu hören. Ein Sprecher von Eon Deutschland sagte energate, grundsätzlich seien alle Arbeiten, die zu einem Kundenkontakt führen, eingestellt. Dies betreffe auch die L-H-Gas-Umstellung.

Der Umstellungsprozess besteht in jedem Verteilnetz aus zwei Phasen. In einer ersten Phase, die lange vor dem eigentlichen Schaltpunkt der Umstellung liegt, werden alle Geräte in den einzelnen Haushalten erfasst. In der zweiten Phase werden alle Geräte in einem definierten Zeitfenster vor und nach dem Schaltzeitpunkt auf die neue Gasqualität angepasst. Bei Brennern in Haushalten müssen in der Regel die Düsen ausgetauscht werden. Bei Industrieunternehmen können komplexe Anpassungen notwendig sein. Die Zeitfenster variieren je nach Gerätetyp. So müssen Brennwertgeräte spätestens vier Wochen nach der Umstellung angepasst werden. Sie können aber nicht vor der Umstellung angepasst werden.

Zweite Umstellungsphase besonders kritisch

Aktuell ist die zweite Phase besonders kritisch für alle in den kommenden Wochen anstehenden Schaltungen. Die Verteilnetzbetreiber beauftragen in der Regel spezialisierte Dienstleister. Für die L-H-Gas-Umstellung hat sich ein spezialisierter Markt mit knapp 40 Unternehmen entwickelt, die alle vom DVGW zertifiziert sind. Neben der Frage der Gewährleistung der Geräteanpassungen treibt Netzbetreiber eine weitere Sorge um: Wenn sich der Gesamtprozess verzögert, könnten die Dienstleister schnell Konkurs gehen.

"Die Firmen haben uns in Gesprächen gesagt, dass es für sie schnell kritisch wird", sagte der Vertreter eines Verteilnetzbetreibers zu energate. Dies würde aber Auswirkungen auf den Gesamtprozess haben. Da die Niederlande bis 2022 aus der L-Gas-Produktion in Groningen komplett aussteigen, könnte dies für die L-Gas-Versorgungssicherheit kritisch werden. Ein Marktteilnehmer riet aber zu etwas mehr Gelassenheit. Durch die coronabedingte Wirtschaftskrise sinke auch der L-Gas-Absatz, dies schaffe Flexibilität. Andere überlegen wohl, ob man zur Gewährleistung der Geräteanpassung als systemnotwendige Tätigkeit Haushalte und Dienstleister verpflichten kann.

Arbeitsgruppe noch ohne Ergebnisse

Die Entscheidung über eine Verschiebung der Umstellzeitpunkte liegt bei den Fernleitungsnetzbetreibern. Vom FNB Gas hieß es dazu, man habe das Thema auf der Agenda, aber derzeit sei noch offen, welche Kreise die Angelegenheit ziehe. Die Bundesnetzagentur hat eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den FNB und dem Bundeswirtschaftsministerium gebildet. Doch auch aus der Gruppe gibt es noch keine Ergebnisse. /hl