Wien (energate) - Die Interessenvertretung der österreichischen Energiewirtschaft hat positiv auf das neue EU-Klimagesetz reagiert. Dennoch vermisst der Präsident von Oesterreichs Energie, Leonhard Schitter, "konkrete, dringend notwendige Umsetzungsmaßnahmen". "Für die Erreichung des europäischen Klimazieles muss der Ausbau der Erneuerbaren rasch vorangetrieben werden, hier läuft uns die Zeit davon", fordert Schitter. Zu Wochenbeginn hat Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigt, dass mit Anfang 2021 das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) in Kraft treten soll. (energate berichtete).
Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie, nannte das EU-Klimagesetz auf energate-Anfrage einen wichtigen Schritt für ein CO2-freies Europa. "Entscheidend werden Maßnahmen sein, die die nachhaltige Energieerzeugung und die Versorgungssicherheit in Einklang bringen." Das gelte insbesondere für Städte, denn hier werde sich der Erfolg von Klimaschutz entscheiden", so Strebl.
Über das Klimagesetz will die EU in den nächsten 30 Jahren Klimaneutralität erreichen. Österreich verfolgt mit dem nationalen Ziel der Klimaneutralität bis 2040 einen ambitionierteren Zeitplan. Den Stromsektor möchte die türkis-grüne Regierung sogar schon bis 2030 dekarbonisieren. Aktuell liegt der Anteil der heimischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bei knapp 75 Prozent.
Oesterreichs Energie kritisiert außerdem die bislang ausständige Anpassung der europäischen Energie- und Klimaziele für 2030. Das bringe den betroffenen Unternehmen keine Planungssicherheit. Tatsächlich hat die EU-Kommission das Gesetz ohne ein Zwischenziel für 2030 vorgelegt, um - wie sie sagt - größere Diskussionen zu diesem Zeitpunkt zu vermeiden. Ein Zwischenziel wolle sie aber bis Herbst nachreichen. Aktuell liegt das bei minus 40 Prozent CO2 bis 2030 im Vergleich zu 1990. Es gibt Überlegungen, es auf minus 50 bis 55 Prozent zu verschärfen (energate berichtete). Umweltministerin Gewessler plädiert ebenfalls für ein höheres Zwischenziel. Im "Ö1-Radio" sagte sie, die ambitionierteren Pläne unterstützen zu wollen, ohne selbst Zahlen zu nennen.
Der Klimasprecher der Grünen im Nationalrat, Lukas Hammer, sieht in dem EU-Klimagesetz zwar einen Schritt in die richtige Richtung, "allerdings werden wir so das 1,5-Grad-Ziel verfehlen." Er fordert, Klimaneutralität in der EU zehn Jahre früher, also 2040, anzustreben - wie Österreich auch. "Die nächsten zehn Jahre sind entscheidend dafür, ob sich eine Klimakatastrophe verhindern lässt." Daher sei es wichtig, die 2030er-Klimaziele zu verschärfen, so Hammer.
Auch der Klimasprecher der Umweltorganisation Global 2000, Johannes Wahlmüller, übt Kritik an der EU. Benötigt würden langfristige und ambitionierte Ziele, damit sich Bevölkerung und Wirtschaft auf die Änderungen rechtzeitig einstellen könnten. "Bis 2030 ist eine Emissionsreduktion von mindestens 65 Prozent notwendig", fordert Wahlmüller. Er warnt, blieben alle Staaten bei ihren bisherigen Plänen, würde schon in den nächsten zehn Jahren so viel CO2 emittiert, dass die Pariser Klimaziele nicht mehr erreicht werden können. Die weltweite Durchschnittstemperatur würde dann um 3 bis 4 Grad ansteigen, so Wahlmüller. /Irene Mayer-Kilani/dz