19.08.19, 16:58 von Rouben Bathke

Bonn (energate exklusiv ) - Der Regelenergiemarkt kommt auch nach der Rückkehr zum Leistungspreisverfahren nicht zur Ruhe. Nun schlägt die Riege der Direktvermarkter wegen der enormen Anstiege der Arbeitspreise Alarm. Sie warnen vor einer existenzgefährdenden Situation. Ein Bündnis aus 14 Stromdirektvermarktern hat sich in einem der  Redaktion vorliegenden Schreiben an die Bundesnetzagentur gewandt und vor den hohen finanziellen Risiken für Marktteilnehmer und einem "folgenschweren Marktversagen" gewarnt. Die Direktvermarkter verweisen in dem Schreiben darauf, dass nach der Wiedereinführung des Leistungspreisverfahrens im Regelenergiemarkt ungewöhnlich hohe Arbeitspreise im fünfstelligen Bereich aufgetreten waren (energate berichtete). Die Unterzeichner des Schreibens machen dafür "spekulatives Handeln auf Kosten der Bilanzkreisverantwortlichen" verantwortlich. 

Volatile Erzeugung erschwert Bilanzkreistreue

Banner "Eigenanzeige Marktüberblick EMW 3, MediumRectangle, Webseite 15.04 bis 12.05.25"

Die Vermarkter von EEG-Strom sind von den hohen Regelenergiepreisen besonders betroffen, denn die Kosten werden über die Ausgleichsenergie auf solche Marktteilnehmer umgelegt, die den Bedarf an Regelenergie durch unausgeglichene Bilanzkreise mitverursachen. Dazu gehören auch die Direktvermarkter. In ihrem Schreiben betont nun das Bündnis, dass ein perfekt ausgeglichener Bilanzkreis für Vermarkter von volatilen Erneuerbaren aufgrund von Prognoseabweichungen "nicht umsetzbar" ist. "Wenn nun aber schon geringe und unvermeidbare Abweichungen im Regelzonensaldo zu Ausgleichsenergiepreisen von 20.000 Euro/MWh und mehr führen können, ist die Vermarktung von volatilen Wind- und Solarportfolien mit nicht mehr hinnehmbaren Risiken verbunden", heißt es in dem Schreiben an die Regulierungsbehörde. 

Eine Folge könnte eine Marktkonsolidierung unter den Direktvermarktern sein, warnen die Unterzeichner. Denn die finanziellen Risiken dieser Größenordnung könnten nur wenige Marktakteure tragen. "Auf der anderen Seite erzielen einzelne, wenige Anbieter von Regelenergie auf Kosten der Integration der Erneuerbaren erhebliche Renditen, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den Bereitstellungs- und Aktivierungskosten stehen", kritisieren sie. 

Regelarbeitsmarkt lässt auf sich warten 

Die Bundesnetzagentur war erst Ende Juli zum Leistungspreisverfahren zurückgekehrt, nachdem zuvor das Oberlandesgericht Düsseldorf das Mischpreisverfahren untersagt hatte. Der Direktvermarkter Next Kraftwerke, der nicht zu den Unterzeichnern des jetzigen Brandbriefs zählt, hatte geklagt und sich letztendlich durchgesetzt (energate berichtete). Allerdings soll das Leistungspreisverfahren nicht lange Bestand haben, denn die Einführung eines sogenannten Regelarbeitsmarktes steht bevor. So lange wollen die Direktvermarkter indes nicht warten, denn die "massive Kostenbelastung" könne binnen kurzer Zeit "zu einer Existenzgefährdung zahlreicher Marktakteure führen". Sie hoffen nun auf ein zeitnahes Gespräch mit der Bundesnetzagentur.

Die 14 Direktvermarkter verbinden ihre Warnungen mit konkreten Vorschlägen, wie sich die Situation entschärfen ließe. So schlagen sie etwa eine Preisgrenze "im vierstelligen Bereich" für Regelarbeitspreise vor. Zudem empfehlen sie, die Ausschreibungsmenge für Regelleistung zu dynamisieren und an der vorhergesagten Residuallast zu orientieren, um "marktmissbräuchliches Verhalten" im Regelenergiemarkt zu erschweren. Unterzeichnet haben das Papier Direktvermarkter, die insgesamt ein Portfolio von knapp 50.000 MW an Erneuerbaren vermarkten. Zu ihnen gehören etwa Baywa Re Clens, MVV Energie, Statkraft, Natgas und die Stadtwerke München. /rb